Chronik 2011 – 2012

 

Besuch des ungarischen Ministrerpräsidenten

12. Juni 2012.

 In den Vormittagsstunden des 12. Juni 2012 legte der Ministerpräsident Ungarns, Viktor Orbán, einen Kranz an der Gedenktafel des Kardinals József Mindszenty auf der Außenwand des Wiener Collegium Pazmaneums nieder. Bei der Kranzniederlegung waren der Wiener Kardinal Christoph Schönborn OP, von ungarischer Seite der Staatssekretär Péter Szijjártó, der ungarische Botschafter in Österreich Vince Szalay-Bobrovniczky sowie der Oberseelsorger der Ungarn in Österreich Dechant Ferenc Simon anwesend.

Die Statue von József Mindszenty in Pazmaneum

 

 Begrüssungsworte des Rektors vom Pazmaneum,  János Varga

An erster Stelle begrüße ich S. E. Kardinal Christoph Schönborn, der unser Oberhirte und Hausherr ist. Ich bedanke mich für all das, was Eminenz und auch seine Vorgänger im Amt für Ungarn, für den vertriebenen ungarischen Oberhirten Kardinal Mindszenty und für das Collegium Pazmaneum getan haben.

Mit besonderer Ehrerbietung begrüße ich den Ministerpräsidenten von Ungarn, Viktor Orbán. Es ist eine Auszeichnung für uns, dass er anläßlich seines Wienbesuches als erste Station dem Gedenken Kardinal Mindszentys die Ehre erweist. Ich begrüße den ungarischen Botschafter in Österreich, Vince Szalay-Bobrovniczky sowie den Weihbischof Ferenc Cserháti, der mit der Seelsorge der Ungarn im Ausland betreut ist, den Oberseelsorger der Ungarn in Österreich Dechant Ferenc Simon, sowie alle Anwesenden. In den letzten Monaten haben wir hier im Pazmaneum einige Male Kardinal Mindszentys gedacht, der in diesem Haus die bitteren letzten Jahre des Exils verbrachte. Wir haben am 23. Oktober letzten Jahres seiner gedacht, da er vor 40 Jahren in das Haus übersiedelte. Mit einer historischen Konferenz erwiesen wir ihm die Ehre am 18. November letzten Jahres, da er anno dazumal am Vorabend des Festtages der Heiligen Elisabeth, das erste Mal die Wiener Gläubigen traf. Im März dieses Jahres feierten wir seinen 120. Geburtstag, am 5. und 6. Mai gedachten wir seines Todestages. Und in zwei Wochen wird in der Wiener Innenstadt, im Palais Porcia eine Gedenkausstellung mit dem Titel „Fidelissimus Pastor“ eröffnet.

Wir brauchen diese Erinnerungen, denn wir müssen von ihm den unerschütterlichen Glauben, den Mut und die Heldenhaftigkeit lernen. Die Erinnerung an sein Opfer ist hier in diesem Haus herzergreifend. Und es muss auch unser Herz erreichen. Er war ein Held, ein Held der Treue. Sein Leben wurde nicht durch einen gewaltsamen Tod beendet, er hat das Leben auf sich genommen. Er war bis in letzte Konsequenz Zeuge für die Christus-Tugenden, für die Menschenwürde und für die nationalen Werte. Er stand für Gott, Vaterland und Heimat. Er nahm Verfolgung, Vertreibung und Niederlage auf sich und siegte. Durch seinen Glauben spricht er noch in seinem Tod zu uns.

 Die Rede von Viktor Orbán

Ich schließe mich dem an, was Herr Rektor in seiner Begrüßung gesagt hat. Die größte Tugend Kardinal Mindszentys war die Treue. Die Treue ist auch heute noch einer der wichtigsten Tugenden. Das zweite, was wir aus seinem Leben für uns mitnehmen und in unserem Leben verwirklichen können, ist die Standhaftigkeit. Mögen sich die Umstände ändern, günstig oder ungünstig sein, der Mensch hat eine Sendung, eine Aufgabe, die er erfüllen muss, er muss auch unter den widrigsten Umständen standhalten, und sich selbst unterordnen.

Demut für das Ziel. So könnte ich die Botschaft unseres Kardinals für die heutigen Ungarn zusammenfassen. Erlauben Sie mir, dass ich mich bei unseren Gastgebern bedanke, dass ich mich heute mit Herrn Kardinal Schönborn in diesem Haus treffen kann und dass er uns mit seiner Gegenwart beehrt. Dass er bei diesem Akt der Ehrerbietung gegenüber einem ungarischen Nationalhelden uns zur Seite steht, ist für uns Ungarn eine sehr wichtige Geste seitens der Katholischen Kirche Österreichs. Als zweites möchte ich mich bei Herrn Kardinal Schönborn bedanken, dass er in den Zeiten der Angriffe gegen Ungarn immer als Freund auf unserer Seite stand. Weiters will ich ihm für seine großen Anstrengungen danken, die er international und europaweit unternimmt, um die christlichen Werte wieder zur Basis und zu täglichen Bausteinen der europäischen Politik zu machen. Der Zusammenhang zwischen Christentum und Politik gehört heute zu den heikelsten Fragen hier in einem sekularisierten Europa. Aber weil etwas schwierig und heikel ist, bedeutet es noch lange nicht, dass wir uns damit nicht auseinander setzen müssten. Nach meinem Verständnis ist es geradezu umgekehrt: Je heikler eine Sache ist, umso aufregender und auch wertvoller ist es, uns mit ihr zu beschäftigen. Und da gibt es wahrlich eine große Sendung: Zwar vertritt der eine diese Auffassung innerhalb der Kirche, der andere in der Politik, diese große Sendung müssen wir gemeinsam erfüllen. Begleitet durch die Unterstützung der Europäer müssen wir irgendwie die zivilisatorische, das heißt, die christliche Basis des europäischen Kontinents verstärken. Nur so kann unsere weitere Heimat Europa, darin auch Österreich und Ungarn den Wettbewerb mit den aufstrebenden anderen Kontinenten bestehen. Erlauben Sie mir, mit einigen Worten auch jene Ungarn zu begrüßen, die hier in Österreich leben und heute zu diesem Treffen gekommen sind.

Ich möchte den Ungarn in Österreich danken, dass sie sich um Ungarn kümmern, dass es für sie wichtig ist, was in Ungarn passiert und ich möchte sie gleichzeitig dazu anspornen, teilzunehmen am modernen, politischen Leben Ungarns, was jetzt schon grenzüberschreitend möglich ist. Neben der Möglichkeit des Wählens denke ich hier auch an andere Formen der politischen Aktivität.

Den hier lebenden Ungarn möchte ich sagen, was Széchenyi einmal gesagt hat: „Es ist ein erhebendes Gefühl, Ungar zu sein.“ Ich freue mich, dass Sie dieses erhebende Gefühl mit sich gebracht haben, es erhalten und pflegen. Es stimmt zwar, dass Széchenyi den Satz so beendet hat: „Es ist ein erhebendes Gefühl, aber keine Sache, die sich rechnet.“ Ich möchte Sie davon versichern, dass die ungarische Regierung in Ungarn dafür arbeitet, dass das Ungarsein für alle Ungarn in der ganzen Welt nicht nur ein erhebendes Gefühl, sondern auch eine sich lohnende Sache wird. Ich danke dafür, dass ich hier sein konnte und danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

 

Nach der Kranzniederlegung haben die Gäste im Haus die Mindszenty Ausstellung besucht und das Gebäude des Collegium Pazmaneums besichtigt.